
„Fur Free Europe“ (Pelzfreies Europa)
„Fur Free Europe“ ist die zehnte erfolgreiche Europäische Bürgerinitiative (EBI) und fordert ein EU-weites Verbot der Pelztierzucht und des Handels mit Pelzprodukten im Binnenmarkt.
Die Initiative „Fur Free Europe“ wurde am 16. März 2022 registriert und stieß schnell auf breite Zustimmung. Die Unterschriftensammlung begann offiziell am 18. Mai 2022 und war mit 1 502 319 überprüften Unterstützungsbekundungen besonders erfolgreich. Die Schwellenwerte wurden in 18 Mitgliedstaaten erreicht – ein Rekord! Das zeigt, wie sehr die Sache den Menschen in der EU am Herzen liegt. Die Organisierenden beendeten die Unterschriftensammlung sogar schon am 1. März 2023 – zweieinhalb Monate vor der eigentlichen Frist vom 18. Mai 2023. Dann wurden die gesammelten Unterschriften den nationalen Behörden zur Überprüfung vorgelegt.
Nach der Validierung reichten die Organisierenden ihre Initiative am 14. Juni 2023 bei der Europäischen Kommission ein (Pressemitteilung). Als Reaktion auf die Initiative veröffentlichte die Kommission am 7. Dezember 2023 eine Mitteilung, in der sie die im Anschluss an die Initiative geplanten Maßnahmen darlegte. Damit war ein wichtiger Schritt für das Anliegen der Bürgerinnen und Bürger für strengere Tierschutzstandards und Ethikvorschriften auf dem EU-Markt getan.
Registrierung der Initiative
16.3.2022
Beginn der Unterschriftensammlung
18.5.2022
Abschluss der Unterschriftensammlung
1.3.2023
Initiative durch die Europäische Kommission für gültig befunden
14.6.2023
Antwort der Europäische Kommission
7.12.2023
Was war der Schlüssel zum Erfolg von „Fur Free Europe“?
„Fur Free Europe“ schaffte es nicht nur, alle Ziele zu erreichen, sondern schoss mit über 1,5 Millionen Unterschriften und den erreichten Schwellenwerten in 18 Mitgliedstaaten weit über die Mindestanforderungen von 1 Million Unterschriften und Schwellenwerten in 7 Ländern hinaus. Laut den Organisierenden war der Erfolg vor allem drei Faktoren zu verdanken:
Die Organisation einer EBI ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Es braucht genaue Planung, Durchhaltevermögen und langfristiges Engagement, um die Ziele zu erreichen.
Für eine breite Unterstützung braucht es ein weit gestreutes Netzwerk aus verschiedenen Partnerorganisationen, das im Laufe der Kampagne immer weiterwächst.
Es braucht ein klares Budget und eine solide Strategie zur Mittelbeschaffung, um die Kampagne am Laufen zu halten und erfolgreich abzuschließen.
Der Plan hinter „Fur Free Europe“
Vorbereitung
Die Organisierenden der Initiative „Fur Free Europe“ hatten bereits Erfahrung in der Organisation von Europäischen Bürgerinitiativen, da einige von ihnen bei „End the Cage Age“ und „Save Cruelty Free Cosmetics“ mitgewirkt hatten – bei diesen Initiativen kamen jeweils 1,4 Millionen und 1,2 Millionen Unterschriften zusammen. Sie wussten also schon, dass Vorbereitung der Schlüssel ist, um eine erfolgreiche EBI in die Wege zu leiten und zu organisieren.
Vor Beginn der Kampagne investierten die Organisierenden Zeit in den Aufbau eines Netzwerks aus 82 Partnern und konnten so mit viel Rückhalt in die Unterschriftensammlung starten. Die NRO „Eurogroup for Animals“ war ihre wichtigste Unterstützerin, eine Dachorganisation mit mehr als 90 Mitgliedsorganisationen. Ein Drittel dieser Organisationen hatte sich schon länger für ein Pelzverbot eingesetzt, bevor sie zur Teilnahme an der Kampagne eingeladen wurden. Zusätzlich arbeiteten die Organisierenden auch mit Gruppen außerhalb ihres unmittelbaren Netzwerks zusammen, indem sie einschlägige Organisationen in den EU-Mitgliedstaaten ausfindig machten.
Mittelbeschaffung und Ressourcen
Die Organisierenden von „Fur Free Europe“ sammelten insgesamt 1 904 595 EUR an Spenden und anderen Mitteln von 30 Sponsoren, darunter größere Beiträge von Organisationen wie FOUR PAWS, Eurogroup for Animals und Djurens Rätt.
Finanzierungsquellen (EUR)
Hinweis: Weitere Informationen über die Unterstützung und Finanzierung von „Fur Free Europe“ findet sich auf der entsprechenden Website der Kommission. Nur Beiträge von über 500 EUR pro Sponsor müssen gemeldet werden.
Die Organisierenden erstellten eine Datenbank mit Kampagnenmaterial, um ihre Freiwilligen und Partner zu unterstützen und sicherzustellen, dass sich diese Partnernetze aktiv an der Initiative beteiligten. In dieser Datenbank konnten Freiwillige und Partner Kommunikationsmaterialien, Vorlagen für Social-Media-Beiträge und strategische Leitfäden finden. Bei regelmäßigen Treffen hielten die Organisierenden sie über die erzielten Fortschritte auf dem Laufenden, stimmten sich mit ihnen ab und erörterten Probleme, die bei der Kampagne aufgekommen waren.
Kampagnenstrategie und Plan für die Sammlung von Unterschriften
Der Hauptfokus der Organisierenden lag auf dem Aufbau einer starken Online-Präsenz – für sie war das der effektivste Weg, möglichst viele Menschen zu erreichen und anzusprechen. Auf ihrer mehrsprachigen Website veröffentlichten sie Hintergrundinformationen, die Ziele der Initiative, eine Seite zur Unterschriftensammlung und einen Newsletter. Außerdem weiteten die Organisierenden ihre Social-Media-Präsenz aus, beispielsweise auf Instagram (5 300 Follower und 295 Beiträge). Sie nutzten auch ihre eigenen bereits vorhandenen Social-Media-Kanäle, um für die Initiative zu werben: X (ehemals Twitter) (16 100 Follower), YouTube (844 Abonnierende), Instagram (6 200 Follower) und Facebook (20 000 Follower).
Die Organisierenden planten die Unterschriftensammlung genau und setzten Ziele für jeden Mitgliedstaat anhand mehrerer Faktoren. Zum Beispiel prüften sie, ob die Pelzindustrie dort noch aktiv ist, wie viele Menschen bereits ähnliche Kampagnen vor Ort unterstützt hatten und wie viele Organisationen sich für diese Sache einsetzen. Um deutlich zu machen, dass die Initiative EU-weit Unterstützung findet, entschieden sie sich, so viele Länder wie möglich einzubeziehen.
Unterschriftensammlung und -überprüfung
Die Organisierenden nutzten ein unabhängiges Online-Sammelsystem.
[Zwar wurde in diesem Fall ein unabhängiges Online-Sammelsystem genutzt, allerdings können seit dem 1. Januar 2023 Unterschriften nur noch über das das zentrale Online-Sammelsystem gesammelt werden.]
Ihre Kampagnenstrategie konzentrierte sich hauptsächlich auf die sozialen Medien. Ihr Netzwerk verbreitete die Botschaft von „Fur Free Europe“ unter den Zielgruppen der verschiedenen Partnerorganisationen. Um die Dynamik der Kampagne das ganze Jahr über aufrechtzuerhalten, hinterfragten sie ihre Strategie regelmäßig und besprachen mit ihren Partnern, was gut funktioniert hatte und was nicht.
Die Organisierenden von „Fur Free Europe“ beschlossen, die Unterschriftensammlung am 1. März 2023 abzuschließen – zweieinhalb Monate vor Ablauf der Frist. Insgesamt sammelte die Initiative 1 701 892 Unterschriften in 27 Mitgliedstaaten, von denen 88 % von den nationalen Behörden als gültig befunden wurden. Die Schwellenwerte wurden in 18 Mitgliedstaaten erreicht – ein Rekord.
Am 14. Juni 2023 übermittelten die Organisierenden 1 502 319 validierte Unterstützungsbekundungen an die Europäische Kommission. Die meisten Unterschriften kamen aus Deutschland (518 534), gefolgt von Frankreich (107 672) und Schweden (101 645). Mit der Einreichung der Unterschriften wurde der sechsmonatige Prüfungszeitraum eröffnet.
Anzahl an Unterstützungsbekundungen pro Mitgliedstaat für „Fur Free Europe“
Die Mitgliedstaaten, in denen die Schwellenwerte erreicht wurden, sind auf der Karte mit einem Häkchen markiert. „Fur Free Europe“ erreichte die Mindestzahl an Unterschriften in 18 Mitgliedstaaten. Die Liste mit den genauen Unterschriftenzahlen pro Mitgliedstaat befindet sich auf der entsprechenden Website der Kommission.
So ging es weiter
Einreichung und Treffen mit der Kommission
Nach der Einreichung der Initiative „Fur Free Europe“ trafen sich die Organisierenden am 20. Juli 2023 mit Věra Jourová, Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, zuständig für Werte und Transparenz, und Stella Kyriakides, Kommissarin für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (Pressemitteilung).
(© Europäische Union, 2023)
Öffentliche Anhörung im Europäischen Parlament
Am 10. Oktober 2023 fand im Europäischen Parlament eine öffentliche Anhörung zu „Fur Free Europe“ statt. Die Organisierenden erläuterten ihre Ziele und traten in den direkten Dialog mit den Mitgliedern des Europäischen Parlaments. Aufzeichnung der öffentlichen Anhörung
(© Europäische Union, 2023)
Plenardebatte des Europäischen Parlaments
Am 19. Oktober 2023 wurde die Initiative „Fur Free Europe“ in einer Plenardebatte des Europäischen Parlaments erörtert. Plenardebatte: Teil 1 | Teil 2.
Antwort der Europäischen Kommission
Am 7. Dezember 2023 nahm die Europäische Kommission eine Mitteilung als Reaktion auf die Initiative „Fur Free Europe“ an. Die Europäische Kommission begrüßte die Initiative und wird die folgenden Schritte unternehmen (Pressemitteilung):
- Wissenschaftliche Überprüfung durch die EFSA: Die Kommission hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) beauftragt, bis März 2025 ein wissenschaftliches Gutachten zum Wohlergehen von Pelztieren vorzulegen. Das EFSA-Gutachten soll sich auf Tiere konzentrieren, die ausschließlich zur Pelzerzeugung gehalten werden: Nerze, Füchse, Marderhunde und Chinchillas. Die Untersuchung erstreckt sich auf Tierschutz, Haltung und die Vorbeugung oder Abschwächung etwaiger Probleme bei der Tierhaltung.
- Bewertung möglicher Verbote: Die Kommission wird daraufhin bewerten, ob die von „Fur Free Europe“ geforderten Verbote angemessen sind und welche wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen damit innerhalb der EU verbunden wären.
- Beschluss zur Pelztierzucht und Werbung für Pelzprodukte: Bis März 2026 wird die Kommission auf der Grundlage des EFSA-Gutachtens und der Bewertung mitteilen, ob sie es für angemessen hält, ein Verbot der Pelztierzucht und der Werbung für Pelzprodukte nach einem Übergangszeitraum vorzuschlagen.
In der Zwischenzeit wird die Kommission – wie in der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ angekündigt – weitere Vorschläge zum Tierschutz vorbereiten. Sie ergreift auch mehrere Maßnahmen im Zusammenhang mit den Aspekten Tierschutz, öffentliche Gesundheit und Umweltauswirkungen der Pelztierzucht. Dazu zählen Vor-Ort-Besuche in Pelztierfarmen in den Mitgliedstaaten im Rahmen des Konzepts „Eine Gesundheit“ sowie eine Folgenabschätzung im Hinblick auf eine mögliche Überarbeitung der Textilkennzeichnungsverordnung. In Anbetracht der Tatsache, dass die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt untrennbar miteinander verbunden sind, wird die Kommission bei ihrem Ansatz dem Konzept „Eine Gesundheit“ folgen, um Krankheitsausbrüche in Pelztierfarmen zu verhindern, zu ermitteln und darauf zu reagieren.
Am 9. Februar 2024 trafen sich die Organisierenden mit Kommissarin Kyriakides, um die Antwort auf die Initiative zu erörtern.
(© Europäische Union, 2024)
Tipps und Hinweise für künftige Organisierende
Tipps von den Organisierenden von „Fur Free Europe“, damit auch Ihre EBI Erfolg hat:
Gründliche Vorbereitung ist entscheidend. Machen Sie sich mit dem EBI-Prozess und den rechtlichen Anforderungen vertraut, um später nicht auf unerwartete Probleme zu stoßen.
Bei Fragen wenden Sie sich an unsere Expertinnen und Experten!
Arbeiten Sie mit Organisationen zusammen, die bereits die Aufmerksamkeit und Unterstützung der Öffentlichkeit genießen. So können Sie auf ein bereits vorhandenes Netzwerk aufbauen und mit Ihrer Botschaft ein breiteres Publikum erreichen.
Bauen Sie Beziehungen und Ihr Netzwerk auf und erreichen Sie noch mehr Menschen. Je größer Ihr Netzwerk, desto größer die Wirkung Ihrer Initiative.
Ermutigen Sie jene, die sich Ihrer Sache anschließen, Ihre Kampagne aktiv zu bewerben. Geben Sie Ihren Unterstützern Informationen, Kommunikationsmaterial und wichtige Kampagnendaten an die Hand, die ihnen die Verbreitung Ihrer Botschaft auf ihren eigenen Kanälen erleichtert.
Weitere Informationen
Weitere Informationen zu „Fur Free Europe“ finden Sie auf der offiziellen Website der EBI und der entsprechenden Website der Kommission.
Weitere hilfreiche Materialien mit Beiträgen der Organisierenden von „Fur Free Europe“