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Forum zur Europäischen Bürgerinitiative

Datengestützte Erkenntnisse aus 12 Jahren Europäischer Bürgerinitiative: Was die EBI-Infografik 2024 uns sagt

Aktualisiert am: 09/07/2024

Die neu veröffentlichte Infografik zur Europäischen Bürgerinitiative für 2024 bietet einen umfassenden statistischen Überblick und wichtige Erkenntnisse aus den verschiedenen seit 2012 registrierten Europäischen Bürgerinitiativen, einschließlich demografischer Angaben zu ihren Organisatoren und Unterstützern. Diese Infografik, die jährlich vom Team des EBI-Forums erstellt wird, dient als wertvolle Ressource, um Trends bei europäischen Bürgerinitiativen zu verstehen. Es bietet datengestützte Erkenntnisse, die als Grundlage für Strategien für den Erfolg künftiger Europäischer Bürgerinitiativen dienen können.

Erfolgreiche Europäische Bürgerinitiativen haben fast 13 Millionen Unterschriften gesammelt

Mit zehn erfolgreichen Europäischen Bürgerinitiativen ab 2024 – einer mehr als im Vorjahr – ist es klar, dass kollektives Handeln der Bürger wichtiger denn je ist. Die im Rahmen dieser zehn erfolgreichen Initiativen gesammelten Daten über Unterschriften zeigen wichtige Muster bei der Verteilung und dem Engagement in den verschiedenen Mitgliedstaaten auf.

Unter den erfolgreichen Initiativen sammelte "One of Us" mit insgesamt 1.695.328 die höchste Anzahl verifizierter Unterschriften, dicht gefolgt von "Right2Water" mit 1.673.181 Unterschriften. Die jüngste erfolgreiche Initiative „Fur Free Europe“ belegt mit 1.502.319 Unterschriften den dritten Platz. Dies zeigt eine erhebliche öffentliche Unterstützung für verschiedene Anliegen, von der Fürsprache für das Leben bis hin zu Umwelt- und Tierrechten.

Abbildung 1. Gesamtzahl der überprüften Unterschriften, die von 10 erfolgreichen EBI gesammelt wurden (2012-2024)

bar chart reporting total signatures collected per ECI

Deutschland meldete die höchste Anzahl von Unterschriften insgesamt, während Malta das höchste Pro-Kopf-Engagement aufwies.

Deutschland meldete mit mehr als 4,47 Millionen Unterschriften die höchste Anzahl von Unterschriften insgesamt und übertraf damit bei weitem jedes andere Land. Italien folgte mit über 1,9 Millionen Unterschriften und Frankreich mit fast 1,1 Millionen Unterschriften. Dieses hohe Engagement in Deutschland, Italien und Frankreich deutet darauf hin, dass diese Länder aufgrund ihrer großen Bevölkerung und ihrer starken Bürgerbeteiligung strategische Standorte für groß angelegte Kampagnen sind. Initiativen wie „Stop Glyphosat“ und „Right2Water“ profitierten von umfangreichen Netzwerken in diesen Ländern und nutzten bestehende Strukturen zur Sensibilisierung und Interessenvertretung der Öffentlichkeit, um ihre Reichweite zu maximieren.

Im Gegensatz dazu weisen kleinere Staaten wie Zypern und Estland mit 14.462 bzw. 22.368 Unterschriften deutlich geringere Zahlen auf, was angesichts ihrer geringeren Bevölkerungszahl erwartet wird. Bei der Betrachtung der Unterschriften im Verhältnis zur Bevölkerung der Mitgliedstaaten fällt Malta jedoch mit 8,9 % seiner Bevölkerung auf, dem höchsten Pro-Kopf-Engagement aller Mitgliedstaaten. Die Initiative „Einer von uns“ war in Malta besonders erfolgreich und sammelte 23.017 Unterschriften, fast 48 % aller Unterschriften, die durch erfolgreiche Initiativen in Malta gesammelt wurden. Ungarn folgt mit 7,2 % pro Kopf, was in erheblichem Maße auf die Initiative „Minority SafePack“ zurückzuführen ist, die 527 686 Unterschriften gesammelt hat, was etwa 76 % der Unterschriften für alle erfolgreichen Initiativen in Ungarn entspricht. Diese Zahlen deuten darauf hin, dass kleinere Länder trotz ihrer Bevölkerungsgröße durch wirksame Mobilisierung und gezielte Kampagnen ein hohes Maß an Engagement erreichen können.

Umgekehrt können Länder wie Irland, die sowohl eine geringe absolute Anzahl von Unterschriften als auch ein geringes Pro-Kopf-Engagement aufweisen, auf einige Herausforderungen für die Organisatoren hindeuten. Dazu könnte ein mangelndes Bewusstsein für die Europäische Bürgerinitiative oder unzureichende gezielte Kampagnen gehören. Das Verständnis und die Bekämpfung dieser Ursachen sind von entscheidender Bedeutung für künftige Initiativen, die darauf abzielen, die Unterstützung in Ländern mit geringer Beteiligung an der EBI wirksamer zu mobilisieren. Trotz der großen absoluten Anzahl von Unterschriften weist Frankreich ein relativ geringes Pro-Kopf-Engagement von 1,5 % auf, was darauf hindeutet, dass gezieltere und relevantere Kampagnenstrategien erforderlich sind.

Neben dem Sammeln von mindestens einer Million Unterschriften müssen europäische Bürgerinitiativen auch eine Mindestzahl von Unterschriften in mindestens sieben Mitgliedstaaten erreichen, um als erfolgreich angesehen zu werden. Die Verteilung der Schwellenwerte für die Unterzeichnung, die von jeder Initiative erreicht werden, unterstreicht die breite Unterstützung, die einige Initiativen erhalten haben, wie aus der nachstehenden Grafik hervorgeht. So erreichte beispielsweise „Save Cruelty Free Cosmetics“ die höchste Anzahl von Schwellenwerten und erreichte die Mindestzahl von Unterschriften in 21 Mitgliedstaaten. "One of Us", "End the Cage Age" und "Fur Free Europe" erreichten jeweils Schwellenwerte in 18 Mitgliedstaaten.

Abbildung 2. Erfolgreiche EBI, die in jedem Mitgliedstaat die Signaturschwelle erreicht haben (2012-2024)

bar chart depicting what initiatives reached the minimum thresholds in different countries

In Deutschland, Italien und Spanien wurden die Schwellenwerte am häufigsten erreicht, wobei in neun der zehn erfolgreichen EBI jeweils Schwellenwerte erreicht wurden. Diese Konsistenz lässt auf gezielte Kampagnen der Organisatoren in diesen Ländern schließen. Zum Beispiel konzentrierte sich "One of Us" auf Länder mit etablierten Pro-Life-Bewegungen wie Deutschland, Polen, Spanien, Malta und Italien und stellte sicher, dass die Kampagne mit den bestehenden Werten und Überzeugungen der lokalen Bevölkerung in Einklang stand. Die Initiative „Right2Water“ zielte nicht nur auf Länder ab, in denen es am einfachsten war, Unterschriften zu sammeln, sondern versuchte auch, mindestens 5 % über der Schwelle zu sammeln, wenn sie die Schwelle in einem Land erreichten, um ihre Initiative zum Erfolg zu führen.

Umgekehrt lag die Zahl der EBI, die den Schwellenwert erreichten, in 15 Mitgliedstaaten bei fünf oder weniger. Gründe dafür wären weitere Untersuchungen erforderlich, aber ein möglicher Grund könnte sein, dass die Organisatoren dazu neigen, eine begrenzte Anzahl von Ländern auszuwählen, um ihre Kampagne zu leiten.

Die Finanzierung ist von entscheidender Bedeutung, aber eine starke Kampagnenstrategie kann den Erfolg Ihrer EBI unabhängig davon sicherstellen.

Erfolgreiche EBIs wie "Save Cruelty Free Cosmetics" und "Fur Free Europe" haben erhebliche Mittel erhalten, wie in der folgenden Grafik dargestellt. Im Gegensatz dazu wurden Initiativen wie "Stop Vivisection" und "Stop Finning" mit kleineren Budgets durchgeführt. Die Daten zeigen jedoch, dass finanzielle Ressourcen zwar vorteilhaft sind, aber nicht den Erfolg bestimmen. Initiativen wie "Stop Vivisection" haben gezeigt, dass eine gut geplante Kampagne mit wirksamen Botschaften, einem breiten Freiwilligennetzwerk und der umfassenden Nutzung sozialer Medien begrenzte Finanzmittel ausgleichen und immer noch eine Million Unterschriften sammeln kann. 

Die Wirksamkeit einer Kampagne hängt oft von der Resonanz ihrer Botschaft in der Öffentlichkeit und der Fähigkeit ab, Freiwillige und Unterstützer zu mobilisieren. Initiativen, die sich mit allgemeinverbindlichen Themen wie Tierrechten oder Umweltschutz befassen, ziehen tendenziell mehr Aufmerksamkeit und Unterstützung auf sich. Darüber hinaus kann der Erfolg einer Initiative durch die Fähigkeit beeinflusst werden, bestimmte Mitgliedstaaten mit maßgeschneiderten Botschaften anzusprechen, die auf lokale Anliegen abgestimmt sind. Dies unterstreicht die entscheidende Rolle der strategischen Planung und Durchführung sowie der finanziellen Unterstützung für den Erfolg europäischer Bürgerinitiativen.

Abbildung 3. Von 10 erfolgreichen EBI gemeldete Finanzierungen (2012–2024)

bar chart reporting amount of funding reported by 10 successful initiatives

Europäer mittleren Alters leiten Verantwortung für erfolgreiche Europäische Bürgerinitiativen

Vergleicht man die Demografie erfolgreicher europäischer Bürgerinitiativen mit allen registrierten Europäischen Bürgerinitiativen, ergeben sich einige interessante Trends. Unter den erfolgreichen EBI sind 32 % der Organisatoren zwischen 51 und 61 Jahre alt, verglichen mit 17 % der Organisatoren aller Initiativen. Dies deutet darauf hin, dass Europäer mittleren Alters eine wichtige Rolle bei der Erzielung erfolgreicher Ergebnisse für EBI spielen. Im Gegensatz dazu sind jüngere Organisatoren, insbesondere solche unter 40 Jahren, im breiteren Pool der initiierten EBI stärker vertreten, haben aber im Vergleich dazu geringere Erfolgsquoten.

Die Verteilung der Organisatoren der Europäischen Bürgerinitiative nach Staatsangehörigkeit zeigt eine erhebliche Beteiligung Frankreichs (12 %), Deutschlands (11 %), Italiens (9 %) und Spaniens (8 %). Es ist nicht verwunderlich, dass diese Länder bei der Zahl der Organisatoren führend sind, da sie auch die höchste Anzahl von Unterschriften melden,was ihre größere Bevölkerung und ein stärkeres Engagement für europäische Bürgerinitiativen in allen Bereichen widerspiegelt.

Beim Wohnsitzland der Organisatoren führen erneut Deutschland (11 %) und Frankreich (10 %), dicht gefolgt von Italien (9 %) und Belgien (8 %). Dies deutet darauf hin, dass Organisatoren häufig in ihrem eigenen Land tätig sind, obwohl einige anderswo ansässig sind – wobei Belgien ein klarer Ausreißer ist, da es die „Hauptstadt“ der EU ist.

Abbildung 4. Verteilung der EBI-Organisatoren nach Wohnsitzland

bar chart and coloured EU map depicting the distribution of initiative organisers by country of residence

Schlussfolgerungen

Die EBI-Infografik 2024 bietet eine überzeugende Momentaufnahme der aktuellen Landschaft des Engagements für europäische Bürgerinitiativen in ganz Europa. Er unterstreicht, dass der Erfolg von EBI in erster Linie von wirksamen Kampagnenstrategien und einer breiten öffentlichen Mobilisierung abhängt. Die Europäer mittleren Alters entwickeln sich zu den wichtigsten Triebkräften erfolgreicher Initiativen, während jüngere Menschen (unter 40) die meisten Initiativen starten. Das unterschiedliche Engagement in den Mitgliedstaaten, von der hohen Pro-Kopf-Beteiligung Maltas bis hin zu umfassenderen Trends in Ländern wie Deutschland und Spanien, unterstreicht die unterschiedlichen politischen Kulturen, die die Bürgerbeteiligung beeinflussen. Diese Trends unterstreichen die Bedeutung der Anpassung von Kampagnenstrategien an spezifische nationale Kontexte, um Engagement und Erfolg zu maximieren.

Schauen Sie sich die vollständige Infografik zur Europäischen Bürgerinitiative 2024 an, um Einblicke in umfassendere Trends in den EBI zu erhalten, nicht nur in die erfolgreichen.

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Autoren

Savannah Schuurbiers, Koordinatorin für europäische Demokratie, Europäischer Bürgeraktionsdienst (ECAS)

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