Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger in die EU-Politik
EU-Bürgerinnen und -Bürger haben das Recht, am demokratischen Leben der Europäischen Union teilzunehmen. Es gibt viele Wege zur Ausübung dieses Rechts, z. B. mit einer Petition an das Europäische Parlament, durch die Teilnahme an öffentlichen Konsultationen oder eine Beschwerde an die Europäische Ombudsstelle. Nur die Europäische Bürgerinitiative bietet jedoch die Möglichkeit, die politische Tagesordnung der EU-Organe zu beeinflussen.
Wenn ein Organisationsteam innerhalb von 12 Monaten mindestens 1 Million Unterschriften sammelt und bestimmte Schwellenwerte in einem Viertel der Mitgliedstaaten (zurzeit sieben) erreicht, kann es die Europäische Kommission auffordern, im Rahmen ihrer Befugnisse (siehe Leitfaden zur Ausarbeitung Ihrer Initiative) einen Rechtsakt zur Umsetzung der Verträge vorzuschlagen.
Dieser Leitfaden bietet praktische Tipps und nützliche Ressourcen, mithilfe derer Organisationsteams die richtigen Partner finden und starke, erfolgreiche Netzwerke bilden können. Weitere Einzelheiten zum EBI-Verfahren finden Sie unter Alles Wissenswerte zur EBI. Wie Sie Ihre Kampagne aufziehen, erfahren Sie in den Leitfäden Ihre Kampagne und Das richtige Team für Ihre Europäische Bürgerinitiative.
Die Kampagne „Stop Vivisection“ erhielt über 1 Million Unterschriften mithilfe einer EU-weiten Allianz aus mehr als 250 Tierschutzgruppen, wissenschaftlichen Organisationen und Herstellern tierversuchsfreier Produkte.
Das Organisationsteam
Das Team muss aus mindestens sieben EU-Bürgerinnen und -Bürgern bestehen, die das erforderliche Mindestalter für die Teilnahme an Europawahlen erreicht haben und in mindestens sieben verschiedenen EU-Mitgliedstaaten leben. Sowohl die Unionsbürgerschaft (unabhängig vom Mitgliedstaat) als auch der Wohnort spielen hier eine Rolle.
Nutzen Sie die Rubrik „EBI-Community“ im Forum zur Europäischen Bürgerinitiative. Wählen Sie zuverlässige und erfahrene Personen als Mitglieder Ihres Organisationsteams. Überlegen Sie gemeinsam mit Ihren Partnern, wer als Sprecher*in für die Initiative am besten geeignet wäre.
Unter den Mitgliedern werden Kontaktpersonen (ein*e Vertreter*in und ein*e Stellvertreter*in) benannt, die im Namen der Gruppe handeln und für die Kommission als Kontaktperson fungieren. Das Organisationsteam kann zwei weitere Personen benennen, die im Namen der Kontaktpersonen handeln, wenn diese nicht zur Verfügung stehen. Es besteht die Möglichkeit, eine juristische Person zur Vertretung des Organisationsteams zu gründen, wodurch die Initiative ein repräsentatives Gesicht nach außen erhält. Diese juristische Person muss gemäß dem nationalen Recht eines Mitgliedstaats gegründet werden. Dabei besteht die Schwierigkeit nicht nur in der Wahl einer geeigneten Rechtsform, sondern das Organisationsteam muss auch abwägen, in welchem Land die Gesetzgebung am ehesten seinen Bedürfnissen und den Erfordernissen der Initiative entspricht.
Suchen Sie bereits vor Einreichen Ihrer Initiative nach Partnern! Ihre Kampagne ist auf dem richtigen Weg, wenn Ihre Partner zahlreich, vielfältig, proaktiv und überall in der EU verteilt sind.
Partner zur Unterstützung des Organisationsteams und der Kampagne
Partner sind Einzelpersonen und Organisationen, die Ihre Ideen weitertragen, die Öffentlichkeit für Ihre Initiative sensibilisieren und Menschen dazu bewegen, Unterstützungsbekundungen zu unterzeichnen.
Zu einigen Partnern bestehen bereits enge Verbindungen, andere müssen erst noch angeworben werden. Das Organisationsteam sollte daher eingehend prüfen, welche potenziellen Unterstützer auf lokaler, regionaler, nationaler und europäischer Ebene in den folgenden Kategorien infrage kommen:
- Vermittler – Interessenvertretungen, die das Thema Ihrer Initiative unterstützen, wie Gewerkschaften, NRO, Verbände usw.
- Sponsoren – einige Vermittler sind möglicherweise bereit, Ihre Kampagne zu unterstützen (finanziell oder materiell). Denken Sie auch an einschlägige gemeinnützige Stiftungen!
- Einflussreiche Persönlichkeiten – Politiker*innen, Journalist*innen und Prominente, die zur Unterstützung Ihrer Initiative bereit sind, erleichtern Ihnen gegebenenfalls die Unterschriftensammlung und sind gute Werbeträger für Ihre Initiative.
- Freiwillige – Aktivieren Sie Ihre Follower*innen, die Communities Ihrer Partnerorganisationen oder Beteiligte an Diskussionen zu themenspezifischen Hashtags als Freiwillige, die Ihr Anliegen online und offline verbreiten und Ihnen bei der Unterschriftensammlung helfen.
Gehen Sie bei der Kontaktaufnahme mit potenziellen Partnern folgendermaßen vor:
1. Suchen Sie Organisationen in anderen Mitgliedstaaten, die Ihre Interessen teilen.
2. Organisieren Sie so schnell wie möglich ein Treffen oder verabreden Sie sich zu einem Telefongespräch.
3. Erläutern Sie, worum es bei Ihrer Initiative geht, wie der potenzielle Partner dazu beitragen kann, und worin der Nutzen für die Organisation besteht – mit der richtigen Überzeugungsarbeit holen Sie ihn ins Boot!
4. Sind potenzielle Partner bereit, Ihre Initiative zu unterstützen, sollten Sie vorab die Rollenverteilung und Ihre Erwartungen klären.
5. Ist Ihr Gegenüber nicht interessiert, hat er/sie vielleicht eine Empfehlung, wer Ihnen weiterhelfen könnte.
Sowohl Papst Franziskus als auch Papst Benedikt XVI. unterstützten öffentlich die Initiative „Einer von uns“, wodurch diese an Sichtbarkeit und Glaubwürdigkeit gewann.
• Bitten Sie so viele Partner wie möglich um förmliche Unterstützungsschreiben. Sie können sie zu Ihrem Kampagnen- und Werbematerial hinzufügen.
• Europäische NRO und Verbände sind häufig gut ausgestattet und verfügen über ausgezeichnete Kommunikationssysteme und -netze. Nutzen Sie sie!
• Die Mitglieder des Europäischen Parlaments sind in Brüssel gut vernetzt und können Ihnen Türen öffnen. Nehmen Sie Verbindung zu ihnen auf!
• Suchen Sie auch in Ihrem eigenen Netzwerk nach Partnern: Familie, Freunde, Bekannte, Nachbar*innen, Arbeitskolleg*innen, Schulkamerad*innen oder Kommiliton*innen.
• Nutzen Sie die sozialen Medien – Twitter, Facebook, Instagram, LinkedIn usw. – um noch mehr potenzielle Partner zu erreichen.
• Konzentrieren Sie sich auf Länder, in denen das Thema Ihrer Initiative bereits bekannt ist.
• Die Motivation Ihrer Partner mag unterschiedlich sein. Ein gemeinsames Interesse sollten jedoch alle teilen: den Erfolg Ihrer Initiative!
Ein Sketch in einer beliebten deutschen Satiresendung, in dem die Ziele der „Right2Water“-Initiative erläutert wurden, zog eine Flut von 200 000 neuen Unterschriften in den darauffolgenden Tagen nach sich!
Andere Quellen für Ihre Partnersuche
EU-Transparenzregister
Das Transparenzregister ist ein freiwilliges Register für Organisationen, die Einfluss auf die Politikgestaltung und Arbeit der EU-Organe nehmen möchten.
Alle Arten von Organisationen können sich darin registrieren – von Privatunternehmen über Industrieverbände und Consulting-Firmen bis hin zu NRO, Agenturen, Think-tanks, Forschungs- und Hochschuleinrichtungen und Gemeinden. Rund 12 000 registrierte Organisationen teilen darin Informationen wie Internetadressen, Kontaktdaten, Ziele, Aktivitäten, Personalbestand, Budget und Interessengebiete.
Sie können eine allgemeine Suche nach Stichwörtern wie „Umwelt“, „Datenschutz“, „Handel“, „Verbraucher“, „Jugend“, „Verkehr“ oder „Steuern“ durchführen. Eine detailliertere Suche ist über den Reiter „Erweiterte Suche“ möglich. Sie können dort (von oben nach unten) nach Kategorie, Ort des Büros, Interessenebene (europäisch, weltweit, national, regional oder lokal), Tätigkeiten usw. suchen.
Weitere Websites für Ihre Partnersuche:
Ideal-ist Partner Search – internationales IKT-Netzwerk
Wie Sie Ihre Partner bei der Stange halten
Sobald Sie einen großen Stamm an Partnern um sich gesammelt haben, sollten Sie die richtigen Voraussetzungen für die weitere Zusammenarbeit schaffen und sie über die gesamte Kampagne motivieren. So gelingt Ihnen das:
- Einigen Sie sich auf gemeinsame Werte, um gegenüber der Öffentlichkeit überzeugend auftreten zu können.
- Setzen Sie klare und realistische Ziele. Legen Sie während der gesamten Kampagne Ziele für jeden Partner fest.
- Schaffen Sie ein Gefühl des Zusammenhalts durch regelmäßige Online-Verabredungen und (falls möglich) persönliche Treffen.
- Halten Sie Ihre Partner über die Fortschritte auf dem Laufenden und geben Sie positives Feedback, sobald die Ziele erreicht sind – das motiviert!
Das Organisationsteam der Initiative „Verbot von Glyphosat“ erstellte eine Liste nationaler Organisationen, die zur Teilnahme an der Kampagne bereit waren, und arbeitete einzeln mit ihnen zusammen.
Wie die Organisationsteams von erfolgreichen Initiativen bei der Partnersuche vorgegangen sind, erfahren Sie unter „Erfolgsbeispiele“ im Forum zur Europäischen Bürgerinitiative.
Die im EBI-Forum vorgebrachten Meinungen spiegeln lediglich die Auffassungen ihrer Verfasser/innen wider und repräsentieren in keiner Weise den offiziellen Standpunkt der Europäischen Kommission oder der Europäischen Union.
