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Forum zur Europäischen Bürgerinitiative

Freischalten von Engagement: Strategien, um die Unbeteiligten für Ihre EBI zu erreichen und zu aktivieren

Aktualisiert am: 08 August 2024

Die Einbeziehung von Bürgerinnen und Bürgern, die sich in der Regel nicht bürgerschaftlichem Engagement in europäischen Bürgerinitiativen widmen, stellt, wie der Titel vermuten lässt, einzigartige Herausforderungen dar, kann aber auch der Schlüssel für neue Chancen sein. In einem Webinar mit dem Titel "UnlockingEngagement: Strategies to Reach and Activate the Unengaged for Your ECI", teiltenInitiatoren und Engagement-Experten ihre Erkenntnisse zu diesem entscheidenden Thema. In diesem Webinar sprachen Alessandra Cardaci, Leiterin der Programm- und Betriebsabteilung von Debating Europe, Gauthier Hansel, Organisatorin der Europäischen Bürgerinitiative zur Besteuerung großer Vermögen zur Finanzierung der Initiative für den ökologischen und sozialen Wandel (Tax the Rich) und Kristina Krajnc, Leiterin der Kommunikation von My Voice, My Choice: Für eine sichere und zugängliche Abtreibungsinitiative. Gemeinsam untersuchten sie verschiedene Strategien und Lehren aus ihren Bemühungen, die Bürgerinnen und Bürger in ganz Europa zu mobilisieren.

Screenshot of June webinar speakers

Screenshot der Juni-Webinar-Sprecher: Alessandra Cardaci, Kristina Krajnc und Gauthier Hansel

Die Herausforderung verstehen

Die Einbeziehung nicht engagierter Bürger erfordert innovative Ansätze, die über traditionelle Methoden hinausgehen. Alessandra Cardaci, Head of Programming and Operations bei Debating Europe, betonte, wie wichtig es sei, eine erprobte Methodik anzuwenden, um die Bürgerinnen und Bürger wirksam in ihre Projekte einzubeziehen. Debating Europe, die interne Bürgerbeteiligungseinheit von Friends of Europe, arbeitet daran, den Dialog und die Ideen der Bürger zu fördern und sie den politischen Entscheidungsträgern direkt zu vermitteln, um ein inklusiveres, nachhaltigeres und zukunftsorientierteres Europa zu schaffen. Eine der Möglichkeiten, wie Debating Europe die Bürgerinnen und Bürger einbindet, sind Fokusgruppen, eine Methode, die tiefe und sinnvolle Diskussionen unter den Teilnehmern ermöglicht. Diese Fokusgruppen werden nun in mehreren Sprachen durchgeführt, um Inklusivität zu gewährleisten, da „nicht jeder so fließend Englisch sprechen kann“. Alessandra Cardaci betont, dass die Organisatoren von Bürgerinitiativen, wenn möglich, ihre Kampagne übersetzen sollten, um Bürger zu erreichen, die nicht fließend Englisch sprechen. Der lokale Ansatz ist der Schlüssel zur Einbindung von Bürgern, die Ihre Kampagne möglicherweise nicht kennen. 

Alessandra Cardaci betonte, wie wichtig es ist, über die Beteiligung und das Engagement hinauszugehen, „um den Prozess klar zu machen und die Menschen verstehen zu lassen, was Sie mit ihren Daten machen.“ Bei der Organisation einer EBI ist es wichtig, die Bürgerinnen und Bürger, die Ihre EBI unterstützt haben, darüber zu informieren, was als nächstes passiert und was Sie von den politischen Entscheidungsträgern verlangen. Dies gibt den Bürgerinnen und Bürgern das Gefühl, gehört und Teil Ihrer Kampagne zu sein, was zu einem größeren Engagement führen kann. 

Gauthier Hansel hob die Rolle digitaler Strategien bei der Erreichung eines breiteren Publikums hervor. Eine besonders effektive Methode, die von der Tax the Rich-Kampagne verwendet wird, ist E-Mail-Outreach. E-Mails, bemerkte er aus seiner Erfahrung, neigen dazu, mehr Aufmerksamkeit zu erregen und bessere Antworten im Vergleich zu Social-Media-Posts hervorzurufen. Er nennt ein wichtiges Beispiel dafür, wie Oxfam International mit mehr als 800 000 Followern auf X die Initiative „Tax the Rich“ mit einer Social-Media-Kampagne unterstützt habe, die nur zu einigen hundert Unterschriften geführt habe. Dieses Beispiel zeigt, dass eine große Fangemeinde in den sozialen Medien möglicherweise nicht immer zu mehr Unterstützung oder vielen Unterschriften führt. Es ist jedoch wichtig, sich daran zu erinnern, dass der E-Mail-Ansatz eine umfangreiche Datenbank mit Kontakten erfordert, die durch Partnerschaften mit Organisationen, die die EBI unterstützen, aufgebaut werden kann.

Die E-Mail sollte nicht zu viel Text enthalten, und die Sprache sollte einfach sein, damit die Nachricht effektiv kommuniziert und verstanden werden kann. Die E-Mail Tax the Rich enthält auch klare Anweisungen mit Bildern, die erklären, wie die Initiative unterzeichnet werden kann.

Illustration of megaphone

Die Rolle von Partnerschaften

Partnerschaften spielen eine entscheidende Rolle bei der Ausweitung der Reichweite einer EBI. Alessandra Cardaci weist darauf hin, dass die Zusammenarbeit mit Organisationen der Zivilgesellschaft von wesentlicher Bedeutung sei. Diese Organisationen bringen ihre eigenen Netzwerke und Zielgruppen ein und tragen dazu bei, den Pool engagierter Bürger zu diversifizieren. Neben traditionellen Partnern wie föderalistischen Organisationen arbeitet Debating Europe mit einer Vielzahl von Partnern zusammen, von Studentengruppen bis hin zu LGBTQ+-Organisationen, um ein breites und integratives Engagement zu gewährleisten. 

Anreize wie das Versprechen von Spenden an Wohltätigkeitsorganisationen im Falle einer Teilnahme können dazu beitragen, das Interesse und das Engagement zu stärken. Wie Alessandra Cardaci feststellte: „Sobald sie drin sind, genießen sie die Erfahrung tatsächlich, weil die Bürger sprechen und teilen wollen.“

So arbeitet beispielsweise die Initiative „Tax the Rich“ mit verschiedenen politischen und sozialen Organisationen in ganz Europa zusammen. Diese Allianzen erweitern nicht nur ihre Reichweite, sondern stärken auch die Legitimität ihrer Sache. Darüber hinaus ermöglichte die Partnerschaft mit Oxfam Dänemark zum Versand von Newslettern der Initiative Tax the Rich, ihre Reichweite und ihr Engagement massiv zu steigern: „Aus einer Handvoll Unterschriften in Dänemark haben wir über 8000 Unterschriften gesammelt und sind kurz davor, die nationale Schwelle zu erreichen.“

Illustration of people submitting signature campaign forms

Gauthier Hansel erklärte jedoch auch, dass die Initiative zwar von Paul Magnette, dem Vorsitzenden der belgischen Sozialistischen Partei, und dem französischen MdEP Aurore Lalucq ins Leben gerufen wurde, was die Initiative erheblich unterstützte, dies aber auch einige Organisationen erschrecken könnte, die es vorziehen, politisch unabhängig zu bleiben. Initiativen könnten neutraler auf den Weg gebracht werden, indem die politische Zustimmung so gering wie möglich gehalten wird, um „ein breiteres Publikum anzusprechen und die Unterstützung durch ein breiteres Spektrum von Organisationen sicherzustellen“.

Kristina Krajnc teilte ihre Erfahrungen mit der Mobilisierung an der Basis. Die Initiative „My Voice, My Choice“ hat ein Netzwerk von über 250 unterstützenden Organisationen erworben. Kristina Krajnc erwähnt die Idee des „Ausbrechens aus der Blase“, bei der es sich im Falle dieser Initiative um Organisationen für reproduktive Gesundheit oder Gesundheitsdienstleister handeln würde, in Bereiche, die sehr weit entfernt erscheinen könnten. Die Kampagne wurde von einem Kletterverein in der Tschechischen Republik sowie einflussreichen Stimmen, Schauspielern und Bands unterstützt. Diese Strategie ermöglicht es der Initiative, Zielgruppen zu erreichen, die nicht im Bereich der Abtreibungsrechte tätig sind. 

Überwindung von Barrieren

Jeder Redner hob verschiedene Hindernisse für das Engagement hervor und wie er darauf reagierte. Alessandra Cardaci weist darauf hin, dass darauf geachtet werden muss, dass die Formulierung zugänglich und verständlich sein sollte, d. h. „Würden Sie bereit sein, Ihr Auto aufzugeben?“, anstatt die Bürger direkt nach der Meinung zum europäischen Grünen Deal zu fragen.

Gauthier Hansel diskutierte die logistischen Herausforderungen einer digitalen Kampagne. Eine speziell für die Initiative konzipierte Website stellt sicher, dass die Organisatoren die vollständige Kontrolle über ihre Kommunikation haben. Die Grafiken und Beschreibungen können personalisiert und ansprechender gestaltet werden. Eine spezielle Website dient als zentrale Anlaufstelle, auf der die Unterstützer alle notwendigen Informationen über die Initiative und eine mögliche Beteiligung finden können, z. B. einen direkten Link zur Unterzeichnung der Initiative, aber auch kurze integrierte Videos, Informationen über die Organisatoren, die Partner und einen Abschnitt „Häufig gestellte Fragen“. 

 Kristina Krajnc betonte, wie wichtig es sei, die Unterzeichnung so einfach wie möglich zu gestalten, da es eine Herausforderung sei, „eine Million Unterschriften zu erhalten“. Bei der Initiative „My Voice My Choice“ liegt die größte Herausforderung eher in der Umstellung als in der Sichtbarkeit und dem Engagement: Von den 2 Millionen Besuchen auf der Website wurde nur ein Viertel in Unterschriften umgewandelt.

Gelernte Lektionen und Fortschritte

Die Redner des Webinars unterstrichen mehrere wichtige Lektionen für die erfolgreiche Einbindung nicht engagierter Bürgerinnen und Bürger:

1. Nutzung digitaler Tools: Nutzen Sie E-Mails und Newsletter, um Aufmerksamkeit zu erregen und die Teilnahme zu fördern.

2. Aufbau starker Partnerschaften: Arbeiten Sie mit einer Vielzahl von Organisationen zusammen, um die Reichweite und Glaubwürdigkeit zu erhöhen.

3. Anpassung an kulturelle Unterschiede: Anerkennung und Anpassung an die kulturellen Nuancen des Engagements in den verschiedenen Mitgliedstaaten.

4. Vereinfachen Sie die Teilnahme: Machen Sie es einfach und bequem für Menschen, sich mit zugänglicher und zuordenbarer Kommunikation zu engagieren.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Einbeziehung nicht engagierter Bürger in den Prozess der Europäischen Bürgerinitiative (EBI) einen facettenreichen Ansatz erfordert, der traditionelle Methoden mit innovativen digitalen Strategien kombiniert. Die Bildung starker Partnerschaften mit verschiedenen Organisationen wie Studentengruppen oder LGBTQ+-Organisationen kann die Reichweite und Legitimität von Initiativen erheblich erweitern. Kulturelle Sensibilität ist von entscheidender Bedeutung; Die Anerkennung und Anpassung an unterschiedliche Engagementniveaus in den verschiedenen Ländern gewährleistet Inklusivität. Dies kann erreicht werden, indem sichergestellt wird, dass Ihre Kampagne in mehreren Sprachen läuft und eine zugängliche und zuordenbare Sprache verwendet wird.

Digitale Tools sind für modernes Engagement unerlässlich. Die Kampagne "Tax the Rich" zum Beispiel fand E-Mail-Outreach effektiver als Social Media. Erfolgreiche E-Mail-Kampagnen und Newsletter erfordern eine solide Datenbank, die durch Partnerschaften aufgebaut wird und klar, prägnant und visuell ansprechend sein sollte, um Aufmerksamkeit zu erregen und die Teilnahme zu fördern. Die Vereinfachung des Beteiligungsprozesses, beispielsweise durch benutzerfreundliche Websites mit einfachen Anweisungen, hilft, das Interesse in die Tat umzusetzen.

Im Webinar wurde hervorgehoben, dass es mit den richtigen Strategien und dem Engagement für Inklusivität möglich ist, eine vielfältige und engagierte Bürgerschaft in ganz Europa zu mobilisieren. Durch die Kombination traditioneller Methoden mit innovativen digitalen Ansätzen, die Anpassung an kulturelle Unterschiede und die Vereinfachung der Beteiligung können Initiativen ihre Reichweite und Wirkung erheblich verbessern und eine inklusivere und partizipativere Europäische Union fördern.

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Autoren

Hector Drake

European Democracy Intern bei ECAS

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